Wichtiges Urteil des EGMR zur Berufungsverwerfung nach Ausbleiben des Angeklagten

In einem - wohl bahnbrechenden - aktuellen Urteil hat der EGMR entschieden, daß die Berufung eines in der Hauptverhandlung ausgebliebenen Angeklagten dann nicht nach § 329 StPO verworfen werden kann, wenn sich stattdessen ein Verteidiger für ihn eingefunden hatte, der in Abstimmung mit dem Angeklagten bereit war, die Verteidigung zu führen.

Auch wenn eine Mitgliedsstaat im Grundsatz keine Abwesenheitsverfahren kenne - und dessen Gesetzgeber ungerechtfertigter Abwesenheit entgegenwirken müsse - könne nach Auffassung des Gerichts das Ausbleiben nicht dadurch bestraft werden, in dem Ausnahmen zum Recht auf Beistand eines Verteidigers geschaffen würden:

"Die legitime Forderung, dass der Angeklagte in der Verhandlung anwesend sein muss, kann durch andere Mittel als den Entzug des Rechts auf einen Verteidiger durchgesetzt werden", so der EGMR in dieser hochinteressanten Entscheidung vom 08.11.2012 (EGMR, Urt. v. 08.11.2012 - 30804/07 - Neziraj ./. Deutschland).

Die Entscheidung bei Burhoff online:
 

EGMR-Urteil vom 08.11.2012